Freitag, 1. September 2017

12. Dorothea Kirsch






Poterne I – III / Flughunde

Die Feste ist fest durch Bögen. Hinter jeder Biegung eines Ganges biegen sich abermals Bögen über Bögen. Die allgegenwärtige Bogenstruktur der Festung wird also mein Thema. Die Bögen türmen sich übereinander zu dieser immensen Festigkeit und Dauer. Bögen sind unübertreffbar, zeitlos und überall dort zu finden, wo getragen und gespannt wird. Mit den Strukturen des Tragens beschäftigte ich mich lange bei meinen geschweißten Plastiken und Konstruktionen, die mit wenig Material auskommen wollen, um filigran und transportabel zu bleiben. In der Arbeit mit kinetischen Objekten, den Mobilés, ist das Tragen und Getragen-Werden Grundlage und immer zugleich auch Thema. Gleichgewicht wird im Mobilé augenfällig, denn ohne funktioniert es einfach nicht. Auch eine wuchtige Wand fällt ohne Balance früher oder später einfach in sich zusammen. Doch spüre ich nicht viel Balance beim Durchschreiten der Festung – die erdrückende Masse des Mauerwerks dominiert. Ein Gefühl des Zermahlen-werdens verleitet meine Augen immer wieder, den Himmel oder sonst irgend etwas Lebendiges zu suchen.

Zunächst schwebt mir eine Art Luftkampf, ein Reigen, ein Ballett, eine Formation von Mobilés vor. Dann verlagert sich der „Ort des Geschehens“ vom ursprünglich vorgesehenen Lichthof in die Poterne, einen Gewölbegang ohne Blick nach außen, Gewölbe pur und absolut. Mit einer Serie von einzeln von den kleinen vergitterten Deckenöffnungen hängenden Mobilés, versuche ich jetzt, diese starke Bogenstruktur zu kontrastieren, zu akzentuieren und schließlich ganz leicht und einfach mit einem Minimum an Material zu fassen. Das Material Nylonstrümpfe beschäftigt mich seit Jahrzehnten. Es führt immer wieder zu neuen Objekt- und Mobiléserien: fremd und bizarr anmutende Welten in Mikro- und Makrokosmos, Metamorphosen in Flora und Fauna, Blüten, Algen, Larven, Aliens. Zur Zeit sind es Tiefseewesen / Argonauten und Schnecken / Hermaphroditen. Es geht um Sinnlichkeit, ja die Faszination, die das Schleimige und Kriechende in mir auslöst.
Im Entstehungsprozess des Bogenreigens dominierten zunächst eher grafische Strukturen, in die sich aber bald etwas viel körperlicheres hineinzumischen begann. Wahrscheinlich sind die Schnecken daran Schuld. Die Leichtigkeit füllte sich an mit einer Leiblichkeit, die aus dem Dunkel kroch, aus den Ritzen der alten Steine. Die Leiber waren ja immer anwesend in den Festungsmauern; sie liefen und laufen zu hunderten durch die zur Sehenswürdigkeit gewordene Festung. Die Leiber der Bauarbeiter, Soldaten, Bewirtschafter, Künstler. Die Festungsmauern schützen, zermahlen und überdauern so manch einen Leib – auch den meinigen.
 





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Katharina v Bora/ Künstlerpaare  15.01.-01-11. Frauenmuseum Bonn
Tierisch gut. Museum KuFo Eifel, Gemünd ab 18.06.
Kunst im Fluss Schleiden/Gemünd 09.07.-28.08.
Albert-Haueisen-Kunstpreis 27.08.-24.09. Jockgrim