Poterne I – III / Flughunde
Die Feste ist fest durch Bögen. Hinter jeder Biegung
eines Ganges biegen sich abermals Bögen über Bögen. Die allgegenwärtige
Bogenstruktur der Festung wird also mein Thema. Die Bögen türmen sich
übereinander zu dieser immensen Festigkeit und Dauer. Bögen sind
unübertreffbar, zeitlos und überall dort zu finden, wo getragen und gespannt
wird. Mit den Strukturen des Tragens beschäftigte ich mich lange bei meinen
geschweißten Plastiken und Konstruktionen, die mit wenig Material auskommen
wollen, um filigran und transportabel zu bleiben. In der Arbeit mit kinetischen
Objekten, den Mobilés, ist das Tragen und Getragen-Werden Grundlage und immer
zugleich auch Thema. Gleichgewicht wird im Mobilé augenfällig, denn ohne
funktioniert es einfach nicht. Auch eine wuchtige Wand fällt ohne Balance
früher oder später einfach in sich zusammen. Doch spüre ich nicht viel Balance
beim Durchschreiten der Festung – die erdrückende Masse des Mauerwerks
dominiert. Ein Gefühl des Zermahlen-werdens verleitet meine Augen immer wieder,
den Himmel oder sonst irgend etwas Lebendiges zu suchen.
Zunächst schwebt mir eine Art Luftkampf, ein Reigen,
ein Ballett, eine Formation von Mobilés vor. Dann verlagert sich der „Ort des
Geschehens“ vom ursprünglich vorgesehenen Lichthof in die Poterne, einen
Gewölbegang ohne Blick nach außen, Gewölbe pur und absolut. Mit einer Serie von
einzeln von den kleinen vergitterten Deckenöffnungen hängenden Mobilés,
versuche ich jetzt, diese starke Bogenstruktur zu kontrastieren, zu
akzentuieren und schließlich ganz leicht und einfach mit einem Minimum an
Material zu fassen. Das Material Nylonstrümpfe beschäftigt mich seit
Jahrzehnten. Es führt immer wieder zu neuen Objekt- und Mobiléserien: fremd und
bizarr anmutende Welten in Mikro- und Makrokosmos, Metamorphosen in Flora und
Fauna, Blüten, Algen, Larven, Aliens. Zur Zeit sind es Tiefseewesen /
Argonauten und Schnecken / Hermaphroditen. Es geht um Sinnlichkeit, ja die
Faszination, die das Schleimige und Kriechende in mir auslöst.
Im Entstehungsprozess des Bogenreigens dominierten
zunächst eher grafische Strukturen, in die sich aber bald etwas viel
körperlicheres hineinzumischen begann. Wahrscheinlich sind die Schnecken daran
Schuld. Die Leichtigkeit füllte sich an mit einer Leiblichkeit, die aus dem
Dunkel kroch, aus den Ritzen der alten Steine. Die Leiber waren ja immer
anwesend in den Festungsmauern; sie liefen und laufen zu hunderten durch die
zur Sehenswürdigkeit gewordene Festung. Die Leiber der Bauarbeiter, Soldaten,
Bewirtschafter, Künstler. Die Festungsmauern schützen, zermahlen und überdauern
so manch einen Leib – auch den meinigen.
Kontakt:
Dorothea Kirsch
Kirchstr 1
56825 GILLENBEUREN
02677-1298
0163 1342 835
zur Zeit
& demnächst:
Katharina v Bora/
Künstlerpaare 15.01.-01-11. Frauenmuseum Bonn
Tierisch gut. Museum
KuFo Eifel, Gemünd ab 18.06.
Kunst im Fluss
Schleiden/Gemünd 09.07.-28.08.
Albert-Haueisen-Kunstpreis
27.08.-24.09. Jockgrim