Die arbeitsgruppe rheinland-pfälzischer künstler (ark e.V.) hatte 2002 in
Zusammenarbeit mit dem Mittelrhein-Museum Koblenz 17 Künstler eingeladen und
mit NEXUS I eine erfolgreiche, viel beachtete Ausstellung gezeigt. Deren
Besonderheit bestand darin, dass sich jeder Künstler ein Werk der ständigen
Sammlung auswählte, um diese zum Ausgangspunkt einer eigenen Arbeit zu machen.
Die
Auseinandersetzung mit dem Thema des Zusammenknüpfens war aber auch nach der
erfolgreichen Ausstellung noch nicht beendet. Als das Mittelrhein-Museum neue
Räumlichkeiten am Zentralplatz bezog, nahm die Vorstellung von NEXUS II
Konturen an. Der Dialog zwischen „Alt“ und „Neu“ sollte in einem weiter
gefassten Sinn erfolgen. Der zeitliche Bogen spannte sich nun von der mittelalterlichen
Sakralkunst bis hin zur informellen Malerei eines K. O. Götz. Im Jahr 2015
konnten die Werke von 28 Künstlern im Museum gezeigt werden.
Die
Resonanz war überwältigend und dieses mal hat es bis zur Konzeption von NEXUS
III nicht so lange gedauert. Jetzt findet der Dialog mit einem ganz anderen
Kunstwerk statt – der Festung Ehrenbreitstein. Das Gemäuer, die Geschichte, die
Lage, einfach alles kann und darf sich in den Werken der 28 teilnehmenden
Künstler widerspiegeln. Das Spektrum der ausgestellten Werke wird wieder sehr
breit ausfallen. Neben Plastiken, Gemälden, Fotografien, Installationsarbeiten
werden auch Klang- und Medienkunst zu sehen und zu erfahren sein.
Freitag, 1. September 2017
1. Martine Andernach
Idol
Martine
Andernach sucht den Dialog, die Verbindung zur uralten Geschichte der Festung
Ehrenbreitstein, angeregt durch die archäologische Sammlung des Landesmuseums.
Ihre Referenzwerke sind drei ca. 15.000 Jahre alte Frauenfiguren aus der Epoche
des Magdalénien (Ende der Steinzeit), die an Grabungsstellen in Gönnersdorf und
Andernach gefunden wurden. Die Künstlerin, deren skulpturales Werk aus der
klaren Reduktion menschlicher Gestalten und Körperfragmente auf einfache,
abstrahierte, fast geometrische Linien und Formen erwächst, war, ihrer eigenen
Aussage nach, ihr Leben lang von der suggestiven Gestik der Kunst der Urzeit
fasziniert.
Bei den sogenannten Venus-Figuren aus Gönnersdorf und Andernach ist die Silhouette des menschlichen Körpers im Profil dargestellt. Sie sind unverziert, haben einen stabförmigen Oberkörper, weder Kopf noch Füße, dafür aber ein stark akzentuiertes, rundliches Gesäß. Dass es sich dabei überhaupt um Frauenfiguren handelt, konnte erst durch den Vergleich mit anderen, ähnlichen Fundstücken anderer Ausgrabungsorte bewiesen werden, von denen einige im Bereich des Oberkörpers eine leichte Andeutung von Brüsten vorweisen. Die länglichen, schlanken, mit wenigen Rundungen versehenen Frauendarstellungen unterscheiden sich zudem sehr stark von den ausladenden, üppigen und ausgeprägt weiblichen Formen anderer bekannterer urzeitlicher Frauendarstellungen, wie etwa der berühmten „Venus von Willendorf“, die einer noch früheren Epoche der Menschheitsgeschichte entstammt. In Bezug auf ihre Bestimmung als Kultobjekte von weiblichen Fruchtbarkeitsgöttinnen besteht in der Forschung eine ausgiebige Diskussion. Ihre nicht gänzlich bestimmbare Funktion animiert den Betrachter, selbst verschiedene Szenarien und Vorstellungen anzustrengen, wobei die Ästhetik, Denkweisen sowie die Gefühlswelt von Menschen aus längst vergangenen Zeiten bereits an sich schon ein Faszinosum darstellen.
Idol heißt Martine Andernachs Werk – vom Namen her zunächst ein Hinweis auf die Wesens- und Gestaltungsart der urzeitlichen Figuren, auf die die Künstlerin Bezug nimmt. Die gänzlich in ockergelb patinierte, emporgestreckte Cortenstahlplastik zeigt im oberen Bereich eine geometrische, langgestreckte, durch weiche Bogenschwünge anthropomorph anmutende Form, die über einen dünnen Stab mit dem sockelartigen und zugleich tragenden Unterkörper verbunden ist. Dieser untere Bereich trägt, schützt und isoliert zugleich die obere Partie, welche auf den ersten Blick als das eigentliche, zentrale Objekt wahrgenommen wird. Die Zusammengehörigkeit beider Bereiche, des oberen und des unteren, wird durch den dünnen mittigen Stab markiert, der die obere Form zugleich im Gleichgewicht hält – ein ausgesprochen wichtiger Bestandteil innerhalb der Gesamtkonstruktion der Plastik, die dadurch leicht, fragil und zugleich beschwingt erscheint.
Bei den sogenannten Venus-Figuren aus Gönnersdorf und Andernach ist die Silhouette des menschlichen Körpers im Profil dargestellt. Sie sind unverziert, haben einen stabförmigen Oberkörper, weder Kopf noch Füße, dafür aber ein stark akzentuiertes, rundliches Gesäß. Dass es sich dabei überhaupt um Frauenfiguren handelt, konnte erst durch den Vergleich mit anderen, ähnlichen Fundstücken anderer Ausgrabungsorte bewiesen werden, von denen einige im Bereich des Oberkörpers eine leichte Andeutung von Brüsten vorweisen. Die länglichen, schlanken, mit wenigen Rundungen versehenen Frauendarstellungen unterscheiden sich zudem sehr stark von den ausladenden, üppigen und ausgeprägt weiblichen Formen anderer bekannterer urzeitlicher Frauendarstellungen, wie etwa der berühmten „Venus von Willendorf“, die einer noch früheren Epoche der Menschheitsgeschichte entstammt. In Bezug auf ihre Bestimmung als Kultobjekte von weiblichen Fruchtbarkeitsgöttinnen besteht in der Forschung eine ausgiebige Diskussion. Ihre nicht gänzlich bestimmbare Funktion animiert den Betrachter, selbst verschiedene Szenarien und Vorstellungen anzustrengen, wobei die Ästhetik, Denkweisen sowie die Gefühlswelt von Menschen aus längst vergangenen Zeiten bereits an sich schon ein Faszinosum darstellen.
Idol heißt Martine Andernachs Werk – vom Namen her zunächst ein Hinweis auf die Wesens- und Gestaltungsart der urzeitlichen Figuren, auf die die Künstlerin Bezug nimmt. Die gänzlich in ockergelb patinierte, emporgestreckte Cortenstahlplastik zeigt im oberen Bereich eine geometrische, langgestreckte, durch weiche Bogenschwünge anthropomorph anmutende Form, die über einen dünnen Stab mit dem sockelartigen und zugleich tragenden Unterkörper verbunden ist. Dieser untere Bereich trägt, schützt und isoliert zugleich die obere Partie, welche auf den ersten Blick als das eigentliche, zentrale Objekt wahrgenommen wird. Die Zusammengehörigkeit beider Bereiche, des oberen und des unteren, wird durch den dünnen mittigen Stab markiert, der die obere Form zugleich im Gleichgewicht hält – ein ausgesprochen wichtiger Bestandteil innerhalb der Gesamtkonstruktion der Plastik, die dadurch leicht, fragil und zugleich beschwingt erscheint.
Martine
Andernachs Arbeiten, seien es Ganzkörperdarstellungen oder Fragmentpartien des
menschlichen Körpers wie Köpfe oder Torsi, weisen stets eine zunehmende
Radikalisierung der Flächenschnitte, charakterisiert durch die subtile Eleganz
des Linienschwungs und des Gesamtkörpervolumens, auf. Jedoch fehlen ihr nie
erzählerische Elemente sowie die Kontextualisierung in einem thematischen
Gesamtbereich. Ihr Idol gemahnt an Arbeiten wie den, „Vogel im Raum“ von
Constantin Brâncuşi oder an Naum Gabos motorgetriebene „Kinetische
Konstruktion“, die, in Bewegung gesetzt, die Entmaterialisierung des durch die
rotative Bewegung transparent erscheinenden Objekts nahelegt. Doch anders als
bei Brâncuşi und Gabo wird bei Andernach die plastische Form nicht aufgelöst,
sie droht nicht ihre Verbindung zum Sockel zu verlieren und ins Immaterielle zu
entschwinden, sondern sie wird festgehalten und getragen. Sie bleibt und lässt
sich allseitig betrachten. Ihre Verbindung zum Irdischen ist betont sichtbar,
dem Menschen nah, lässt sich bewundern und tritt in einen dauerhaften Dialog
mit dem Betrachter. Einem Idol aus Urzeiten ähnlich, vermag Andernachs Plastik
die Beziehung zwischen dem Menschen und seinem Gottesbild aufzuzeigen, ein
Bindeglied zwischen Irdischem und Überirdischem, Materie und Geist, zwischen
dem schwierigen Prozess der handwerklichen Gestaltgebung und
künstlerisch-geistiger Formfindung.
[Autor:
Suzana Leu]
Studie I-III |
2. Ines Braun
Konzept:
Pfeffer im Arsch
Pfeffer im Arsch
Wie
ein Militärpferd beschaffen sein sollte, war schon Mitte des 18. Jahrhunderts
schriftlich festgelegt. Wobei nicht nur die Fellfarbe wichtig war, schließlich
konnte man von der Farbe des Pferdes auf seinen Charakter schließen, sondern
auch weitere Eigenschaften definiert waren. So sollte ein gutes Militärpferd
„fromm“ sein – ein tückisches Pferd sei schließlich gefährlich im Umgang mit
dem Menschen. Es sollte beherzt sein – denn feige Pferde seien als
Soldatenpferde völlig ungeeignet. Die Lebhaftigkeit des Pferdes aber galt als
herausragend positives Merkmal, denn trägen Pferden „[…] mangele es bereits an
der Motivation zur Vollkommenheit“.[1]
Die Rheinische Train-Abteilung Nr. 8 war zeitweilig auf Ehrenbreitstein untergebracht. Ihr unterstanden unter anderem die Ausbildung der jungen Pferde und die Pferdebeschaffung.“ Gut 100.000 Pferde zählte um 1900 der Gesamtbestand im kaiserlichen Heer. Der Pferdehandel stand in voller Blüte, und Tricks und Täuschungsmanöver, um die Pferde geeigneter für den Militärdienst erscheinen zu lassen, waren weit verbreitet. In Handbüchern zur Militärpferdausbildung findet man warnende Hinweise zu „Rosstäuschereien“. Einiges, was heute erheiternd erscheint, gehörte zu den eher harmlosen Ausprägungen: […] Es ist ein großer Uebelstand, wenn das Pferd den Schweif im Gehen zwischen die Beine ziehet, welches noch dazu ein Merkmal seiner Schwäche ist; um das also zu behindern, beißen sie ein Pfefferkorn durch, und stecken die Hälfte dem Pferde unvermerkt in Hintern, die andere Hälfte aber behalten sie im Maule. Solange das Pfefferkorn ihnen auf der Zunge beißet, spüret auch das Pferd ähnliche Empfindung davon, wodurch es den Schweif in die Höhe und vom Leibe wegzutragen gereizet wird.“[2]
Die Gaunereien der Händler waren immer darauf ausgerichtet, die Pferde wie solche von edelster Rasse und großem Temperament erscheinen zu lassen. Dazu wurden die Mähne oder graue Haare alter Tiere gefärbt, tiefliegende Augengruben „aufgeblasen“, Fohlenzähne ausgebrochen oder die Zähne alter Tiere abgefeilt. Verschiedene Operationen, um die Form der Ohren oder das Tragen des Schweifes zu richten, gehörten zu den gängigen Methoden. In den von mir eingerichteten Ställen sind zwei Kreaturen angebunden, mit denen die Rosstäuscher noch einige Arbeit haben werden. Obwohl den Tieren eine üppige Mähne Temperament verleiht, fehlt ihnen doch noch ein Quäntchen Lebhaftigkeit. Falls die vorbereiteten Operationen nichts nutzen, könnte man es ja einmal mit einem Pfefferkorn versuchen …
Die Rheinische Train-Abteilung Nr. 8 war zeitweilig auf Ehrenbreitstein untergebracht. Ihr unterstanden unter anderem die Ausbildung der jungen Pferde und die Pferdebeschaffung.“ Gut 100.000 Pferde zählte um 1900 der Gesamtbestand im kaiserlichen Heer. Der Pferdehandel stand in voller Blüte, und Tricks und Täuschungsmanöver, um die Pferde geeigneter für den Militärdienst erscheinen zu lassen, waren weit verbreitet. In Handbüchern zur Militärpferdausbildung findet man warnende Hinweise zu „Rosstäuschereien“. Einiges, was heute erheiternd erscheint, gehörte zu den eher harmlosen Ausprägungen: […] Es ist ein großer Uebelstand, wenn das Pferd den Schweif im Gehen zwischen die Beine ziehet, welches noch dazu ein Merkmal seiner Schwäche ist; um das also zu behindern, beißen sie ein Pfefferkorn durch, und stecken die Hälfte dem Pferde unvermerkt in Hintern, die andere Hälfte aber behalten sie im Maule. Solange das Pfefferkorn ihnen auf der Zunge beißet, spüret auch das Pferd ähnliche Empfindung davon, wodurch es den Schweif in die Höhe und vom Leibe wegzutragen gereizet wird.“[2]
Die Gaunereien der Händler waren immer darauf ausgerichtet, die Pferde wie solche von edelster Rasse und großem Temperament erscheinen zu lassen. Dazu wurden die Mähne oder graue Haare alter Tiere gefärbt, tiefliegende Augengruben „aufgeblasen“, Fohlenzähne ausgebrochen oder die Zähne alter Tiere abgefeilt. Verschiedene Operationen, um die Form der Ohren oder das Tragen des Schweifes zu richten, gehörten zu den gängigen Methoden. In den von mir eingerichteten Ställen sind zwei Kreaturen angebunden, mit denen die Rosstäuscher noch einige Arbeit haben werden. Obwohl den Tieren eine üppige Mähne Temperament verleiht, fehlt ihnen doch noch ein Quäntchen Lebhaftigkeit. Falls die vorbereiteten Operationen nichts nutzen, könnte man es ja einmal mit einem Pfefferkorn versuchen …
[1] Aus dem
Pferdehandel stammende Redewendung
[2] Johann
Gottfried Prizelius, Vollständige Pferdewissenschaft, 1777, S. 1 ff und 3 S.
103
Atelier:
Kontakt:
Projekte:
Sonjiang Art Museum
/ Shanghai / China 2014
www.continental-drift.12.blogspot.com
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Emschertal-Museum / Herne 2014
www.geschlossenegesellschaft-kunst.blogspot.de
“Geschlossene Gesellschaft” (Installation) 15.06 - 30.11.2014
“Geschlossene Gesellschaft” (Installation) 15.06 - 30.11.2014
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